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Meine Erfahrungen mit Daytrading: Volumen-Trading von Futures

Ganz neu an der Börse bin ich nicht mehr. In diesem Artikel möchte ich ein paar für mich wertvolle Erfahrungen aus dem Bereich Daytrading / Hebeltrading mit Futures teilen, die man vielleicht nicht direkt nachmachen muss. Die Absicht ist dabei nicht, pro oder contra Daytrading o.ä. zu schreiben, es soll eher ein aufgeräumter Erfahrungsbericht sein, der im besten Fall zum Reflektieren über die eigenen Verhaltensweisen und Handelsstrategien an der Börse anregt.


Inhaltsverzeichnis


Drei Jahre Futures in vier Absätzen

Vor einigen Jahren kam ich das erste Mal mit Daytrading in Berührung. Die Idee für ein paar Stunden am Tag am Rechner ein paar Trades zu machen und so sein Einkommen aufzubessern, faszinierte mich. Zu dieser Zeit waren meine Erfahrungen an der Börse auf Aktien und ETFs beschränkt – der Derivatehandel war komplett neu für mich.

Nach einiger Recherche sollten es also Futures werden. Ganz konkret waren es hauptsächlich Kontrakte des S&P500, die auf Grundlage einer Volumen-Strategie im Daytrading gehandelt wurden. Ich hatte mir einen Videokurs gekauft, die passende Software eingerichtet, war beim Broker angemeldet, hatte mein Konto aufgefüllt und fühlte mich ziemlich gut vorbereitet. Die Strategie wurde im Demo-Modus eingeübt und ich erreichte eine Trefferquote von etwa 60 bis 70%. Nach einiger Zeit war es dann soweit und ich ging „live“.

Die ersten Trades waren sehr aufregend, aufwühlend und stressig. Ich führte das auf mangelnde Übung zurück. Leider war auch die Trefferquote nicht mehr so gut, weil ich mich in der Aufregung nicht wirklich an meine eigenen Regeln hielt. Zwar dokumentierte ich alles akribisch und „verbesserte“ mein Regelwerk fortlaufend, in den Trades hatte ich aber nur selten die Disziplin, die Regeln zu berücksichtigen.

So war es im Nachhinein nur folgerichtig, dass mein Konto nach und nach schrumpfte und schließlich den Nullpunkt erreichte. Zwischenzeitlich gab es schon auch immer mal Phasen, in denen ich Gewinne machte, aber über einen Zeitraum von drei Jahren kam ich nicht dauerhaft in den profitablen Bereich.

Reflexion

Bild von storyset auf Freepik

Mit einigen Jahren Abstand fällt es mir nun leicht einzuordnen und ein paar gerade Sätze zum Erlebten zu schreiben:

Die Aufregung während der Trades legte sich in den drei Jahren nur kaum. Auch die besten Vorsätze waren spätestens nach dem ersten Verlusttrade über den Haufen geworfen und ich hatte den unglaublichen Drang, den Verlust „wieder reinholen zu müssen“. Das dahinterliegende psychologische Muster ist mir schon einigermaßen klar. In meinem Fall war es sicher eine Mischung aus Gier, Ego und dem Bedürfnis „Recht haben zu wollen“. Der Trading-Ansatz, der auf Kurzfristigkeit und eher häufigen Trades mit großem Hebel beruht, war für mich nicht umsetzbar bzw. kollidierte mit meinem Mindset, vorrangig mit meinem Umgang mit Verlusten. Diese Erkenntnis kam spät, aber sie kam.

Das Volumen-Trading von Futures ist an sich eine mächtige Strategie. Da beim Handel von Futures ein großer Hebel im Spiel ist, muss man sich absolut im Griff haben oder man endet eben im Verlust. Die Renditemöglichkeiten sind gigantisch, die Verlustmöglichkeiten ebenso. Innerhalb von Minuten kann man mal eben einen vierstelligen Verlust oder Gewinn einfahren.

Niemand ist „schuld“ an meinem Handeln und den entstandenen Verlusten, die ich letztlich selbst zu verantworten habe. Nicht die Produzenten des Videokurses, nicht der Broker, nicht die anderen Marktteilnehmer. Das ist jetzt so in Ordnung für mich.

Mit zeitlichem Abstand war dieses Kapitel auch lehrreich: es hat mir die eigenen Grenzen und Schwächen in Bezug auf aktives Trading schonungslos aufgezeigt. Ich wüsste kein vergleichbares Szenario, dass einem diese Portion Selbsterkenntnis so verdichtet zur Verfügung stellt.

Hebeltrading ist für mich seitdem tabu. Womöglich muss das nicht für immer so bleiben, aber das würde eine grundlegende Änderung des Mindsets voraussetzen. Das zu erreichen halte ich für eher unwahrscheinlich, aber auch nicht für nötig. Sowieso konzentriere ich mich nach und vielleicht auch aufgrund dieser Erfahrung vorrangig auf die eigenen Stärken und lasse meine Schwächen so wie sie sind. Sie sollten jedenfalls keine zentrale Rolle mehr in einer Tradingstrategie erhalten.

Noch ein abschließendes ganz konkretes Learning: Ich würde keinen Videokurs mehr jenseits der 100 Euro kaufen. Alle kochen nur mit Wasser. Die Mechaniken hinter den verschiedensten Strategien sind kein Hexenwerk. Eine Handelsstrategie muss zu einem persönlich passen, d.h. man muss in der Lage sein, sie umzusetzen. Um das herauszufinden, reicht es ab einem gewissen Level an Vorerfahrungen vollkommen aus, intensiv zu googeln und ggf. anschließend einige Trades praktisch durchzuführen.

Fazit

Eine Strategie ist immer nur so gut, wie ihre Umsetzung. Die Fähigkeit zur Umsetzung hängt von den persönlichen Eigenschaften ab. Wichtiger als die perfekte Strategie ist deshalb ein Bewusstsein über die eigenen Stärken und Schwächen um darauf aufbauend eine passende Handelsstrategie zu wählen (und nicht andersherum). Natürlich kann und sollte man auch am eigenen Mindset feilen, das ist aber bedeutend anspruchsvoller.

Keine Strategie kann das Ergebnis jahrelangen Interesses bis hin zu einer gewissen Faszination an Finanzthemen ersetzen. Ich bin davon überzeugt, dass es unabhängig vom Mindset ein übergreifendes Verständnis für „den Markt“, die Offenheit für Neues und die Ehrlichkeit gegenüber sich selbst, d.h. die Fähigkeit zur Selbstreflexion braucht, um seine persönlichen Nischen zu finden, in denen man langfristig finanzielle Erfolge erzielen kann.


Beitragsbild: Bild von freepik

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