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Optionshandel lernen: Praktische Grundlagen

Nach dem theoretischen Teil wird es Zeit für die Praxis. Wir sprechen über geeignete Broker, die Kontogröße zum Start, über Basiswerte und wie der Optionshandel konkret abläuft.

Vorab: Optionen können grundsätzlich an Börsen, aber auch OTC „over the counter“ , d.h. außerbörslich gehandelt werden. Im Weiteren beschränken wir uns auf die börsengehandelten Optionen, da diese den Normalfall für private Investoren darstellen.


Inhaltsverzeichnis


Welcher Broker soll es werden?

Die klassischen Broker der deutschen Banken scheiden für den Optionshandel meist aus, da Optionen entweder gar nicht oder zu vergleichsweise teuren Konditionen angeboten werden. An dieser Stelle der kurze Hinweis, dass Optionsscheine nicht mit den „echten“ Optionen, von denen hier die Rede ist, zu verwechseln sind.

Der Platzhirsch im Optionshandel ist wohl Interactive Brokers mit der umfangreichen, aber bewährten Software „Trader Work Station“ (TWS). Wer auf deutschen Support nicht verzichten möchte, kann zu einem der Reseller von Interactive Brokers gehen. Ich selbst bin bei einem solchen Reseller (CapTrader) und sehr zufrieden. Die Ordergebühren betragen 3,50 USD / Kontrakt und ab 10.000 Euro oder 10.000 USD ungenutzten Kapitals gibt es auch monatliche Zinsen, ähnlich einem Tagesgeldkonto.


Kontotyp und Kontogröße

Das Konto sollte im Hinblick auf die Steuererklärung in Euro geführt werden. Ein Tausch gegen USD im Depot ist einfach durchgeführt. Ein Margin-Konto bringt den Vorteil, dass Ein- und Ausbuchungen in beinahe Echtzeit erfolgen und man so nicht auf träge Buchungsvorgänge wie bei reinen Cash-Konten warten muss. Der Handel auf Margin birgt besondere Risiken, daher sollten sich Anfänger in der ersten Zeit gänzlich ohne Marginnutzung mit den Prinzipien vertraut machen. Auf keinen Fall möchte ich Warren Buffetts Regel Nr. 1 brechen:

Never lose money.

Warren Buffett

Um unter einen gewissen Anzahl an Underlyings auswählen zu können, sollten ungefähr 5.000 Euro bzw. USD auf dem Depot zur Verfügung stehen. Zur Orientierung: Das 100-fache des Strikes muss auf dem Konto vorhanden sein, um ohne Margin eine Put-Option zu verkaufen, d.h. mit einem Konto in der Größenordnung von 5.000 USD sind maximal Aktienkurse bis 50 USD handelbar. Einen Überblick möglicher Werte im S&P500, sortiert nach Preis, bietet bspw. https://de.tradingview.com/symbols/SPX/components/. Natürlich kann man zur Risikostreuung auch mehrere „kleinere“ Puts verschiedener Basiswerte kaufen, dann schlagen aber die Ordergebühren entsprechend zu Buche.

Nochmal in aller Kürze: Das Konto sollte als Margin-Konto in Euro geführt werden. Der Handel sollte, wenn überhaupt, nur mit geringer Marginnutzung in USD erfolgen.

Hatte ich schon Regel Nr. 2 erwähnt?

Never forget rule No.1.

Warren Buffett

Welche Basiswerte?

Für Anfänger halte ich den Handel von ausschließlich größeren, amerikanischen Werten für geeignet, da hier einfach der meiste Handel stattfindet und entsprechend gute Spreads vorliegen. Eine Beschränkung auf S&P 500-Werte finde ich sinnvoll, um den eigenen Workflow, gerade als Anfänger, überschaubar zu halten.

Wichtiger noch als der gehandelte Index ist die „Qualität“ des Basiswertes. Die zu bestimmen, kann ganze Bücher füllen. Auch hier halte ich es einfach und schaue mir im Grunde lediglich ein paar Rankings und Berichte aus verschiedenen kostenlosen Quellen an. Was Qualität für mich konkret bedeutet, kannst Du im Artikel Meine Wheel-Strategie im Detail lesen.


Wie läuft der Optionshandel in der Praxis ab? (Checkliste)

optionshandel praxis checkliste

Hier mal eine ganz konkrete Checkliste wie man als Anfänger zu seinem ersten Optionstrade kommen kann. Es ist keine Zauberei, nur sollte man es ruhig angehen lassen und es nicht mal nebenbei „versuchen“.

  1. Informiere Dich umfassend über die Grundlagen von Optionen, sauge jegliches Wissen aus verschiedenen Quellen auf und verstehe die zugrundeliegenden Prinzipien. Lass Dir dabei Zeit.
  2. Entscheide Dich für eine Strategie, bspw. für die Wheel-Strategie
  3. Definiere Deine persönlichen konkreten Parameter im Detail, bspw. wie hier
  4. Richte ein Depot bei einem Broker Deiner Wahl ein, achte dabei auf die Eröffnung eines Margin-Kontos, dass in Euro geführt wird.
  5. Mach Dich mit der Handelssoftware vertraut, erstelle eine Watchlist.
  6. Überweise Dein Startkapital, ca. 5.000 Euro erlauben schon eine gewisse Auswahl an Underlyings.
  7. Tausche ggf. Euros gegen USD.
  8. Wähle nach den Parametern Deiner Strategie das Underlying aus.
  9. Verkaufe die gewählte Option.
  10. Freue Dich über Deine erste Optionsprämie.

Konkrete Anleitungen zur Depot-Eröffnung, zur Einrichtung der TWS und zum Währungstausch in der TWS gibt’s bspw. bei geldschnurrbart.de: https://geldschnurrbart.de/geld-anlegen/optionen/optionen-broker/

Hier noch eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Verkauf von Optionen: https://geldschnurrbart.de/geld-anlegen/optionen/optionen-handeln/

Ich bin selbst nach den Informationen der beiden Links vorgegangen – es funktioniert 😉 . An dieser Stelle einfach ein Danke an geldschnurrbart.de.


Positions- und Risikomanagement

Optionshandel ist keine Einbahnstraße. Wenn ein Trade gegen Dich läuft – das kommt in Abhängigkeit der Risikobereitschaft selten bis regelmäßig vor – gibt es immer Möglichkeiten zu Handeln, nämlich das Rollen von Optionen oder das Schließen von Optionen.

Hinweis: In diesen Bereichen bin ich selbst noch Anfänger und gebe hier mein aktuelles Verständnis der Möglichkeiten weiter. Nach meiner Wheel-Strategie kommt das Rollen von Optionen nicht in Frage, das Schließen von Optionen ist nur Ausnahmesituationen vorbehalten. Trotzdem ist es wichtig, Handlungsmöglichkeiten für den Fall der Fälle zu kennen, um sie im Bedarfsfall anwenden zu können.

Einen Quell des Wissens möchte ich besonders hervorheben und gleichzeitig Danke an mission-cashflow.de sagen: https://mission-cashflow.de/optionshandel-abc-das-rollen-von-optionen/


Rollen von Optionen

Folgendes Szenario: Wir haben einen Put verkauft und der Trade läuft gegen uns, d.h. der Strike ist unterschritten. Es sind noch einige Tage hin bis zum Verfallstag und wir gehen davon aus, ausgeübt zu werden. Der Trade an sich, also die Annahme, dass die Option mittelfristig wieder aus dem Geld ist, ist noch intakt.

In diesem Fall gibt es die Möglichkeit die Option zu rollen, das bedeutet in unserem Fall, dass die Option verlängert wird, in der „Hoffnung“, dass die Option nach Ablauf dieser Verlängerung wieder zu unseren Gunsten liegt, also OTM ist.

Praktisch läuft das Ganze so ab: Man kauft zuerst seinen Put zurück, um dann sofort einen „neuen“ Put auf den gleichen Basiswert zu verkaufen. Je nach Einschätzung mit gleichem oder angepasstem Strike und Laufzeit. Der Rückkauf kostet Geld und die Prämie des neuen Puts wird wahrscheinlich nicht so hoch wie die alte, da man bei gleichem Strike ja aktuell eine ITM-Option verkauft, d.h. die Gesamtrendite sinkt. Dieses „Wegrollen“ und vertagen in die Zukunft kann aber eine Ausübung und Verluste verhindern.


Schließen von Optionen

Ganz allgemein ist das Schließen oder auch das Glattstellen einer Option nichts anderes, als der Rückkauf einer verkauften Option d.h der Kauf einer Option mit identischen Parametern (Strike und Verfallstag) der verkauften Option. Neben dem Rollen von Optionen (siehe oben), bei dem das Schließen einer Option immer der initiale Schritt ist, bevor eine neue Option verkauft wird, sind Insbesondere zwei Anwendungsfälle sind von Bedeutung:

Verluste begrenzen – die 200%-Regel

Die 200%-Regel besagt, dass Optionstrades zu schließen sind, wenn der Rückkaufwert dreimal so hoch wie erzielte Prämie ist. In diesem Fall wäre der Verlust dann auf das Zweifache der Prämie, also 200% der Prämie, begrenzt.

Gewinne absichern – die 50%-Regel

Wenn ein Trade in unserem Sinne verläuft, d.h. wenn die verkaufte Option deutlich OTM ist, dann sinkt auch der Wert unserer Option deutlich, so dass die Option oft schon nach weniger als 50% der Laufzeit, schon mehr als 50% im Wert verloren hat, also sehr günstig zurückzukaufen wäre.

Schließt man dann den Trade, „halbiert“ man in etwa den Gewinn, sichert sich aber auch schon nach ca. der Hälfte der eigentlich vereinbarten Laufzeit den Gewinn. Zusätzlich hat man die Möglichkeit mit dem dann wieder ungebundenen Kapital inklusive Prämie neue, evtl. noch lukrativere Optionen zu verkaufen. Nachteilig ist der erhöhte Aufwand und zusätzliche Orderkosten. Es bleibt also immer ein individuelles Abwägen.


Zeitaufwand

Optionshandel Zeitaufwand

Zeit ist bekanntlich Geld, daher hier meine Einschätzung zum nötigen Zeitaufwand für den Optionshandel, so pauschal es eben möglich ist. In meinem dritten Monat im Optionshandel habe ich meine feste Strategie und schreibe etwa 2 bis 3 Optionen pro Monat bei einer Depotgröße von rund 5.000 Euro, also noch recht überschaubar.

In den ersten Tagen und Wochen habe ich täglich mehrere Stunden mit dem Einlesen und Videos schauen verbracht – ich kann da auch mal schnell die Zeit vergessen, wenn mich ein Thema besonders interessiert.

Für die Auswahl der Underlyings brauche ich inzwischen nur noch ca. eine Viertelstunde pro Option, da die Auswahl der Aktientitel durch die Depotgröße sehr beschränkt ist und immer wieder dieselben Kandidaten bewertet werden. Für das allgemeine Beobachten der laufenden Trades braucht es am Tag vielleicht 5 Minuten. Die Dokumentation erfordert je Trade nochmal ein paar Minuten. In der Woche komme ich so in Summe auf etwa eine Stunde, die mich der Optionshandel im Kleinformat kostet.


Fazit

Brokerauswahl, Kontotyp, Kontogröße, praktische Abläufe in der Tradingsoftware – all das sind wesentliche Infos aus der Praxis, die in allgemeinen Abhandlungen zum Optionshandel oft zu kurz kommen. Nach dem Theorieteil zum Optionshandel und den praktischen Grundlagen steht dem ersten erfolgreichen Optionstrade auf Basis der Checkliste hoffentlich nichts mehr im Wege. Sollten noch Fragen offen sein, nutzt gern die Kommentarfunktion.

Es braucht also keine besonderen Geheimzutaten. Offenheit für die Welt der Optionen, Disziplin im Risikomanagement und etwas Zeit sind völlig ausreichend, um im Optionshandel mitzuschwimmen und regelmäßig Prämien zu generieren. Happy trading!


Risikohinweis

Der Handel mit Optionen birgt Risiken bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals. Der Inhalt wurde nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Dennoch übernimmt der Autor keine Verantwortung für die Korrektheit und Vollständigkeit der Inhalte.

Alle Texte, Hinweise und Informationen stellen keine Empfehlung oder Anlageberatung dar, sondern dienen lediglich der Weiterbildung und der Unterhaltung. Leser des Artikels handeln stets eigenverantwortlich. Eine Haftung, auch im Einzelfall, ist ausgeschlossen.


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